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  • Lena Gorelik

Vaihingen, dritter Tag

Aktualisiert: 1. Juli 2019

Der letzte Tag ist der Schwierigste zum Beschreiben. Vielleicht auch der schwierigste Vaihingen-Tag, obwohl am Wenigsten passiert. Vielleicht der vaihingenste Tag.


Vor dem Frühstück rauchen auf dem Dach. Alles wie immer, obwohl es das zweite Mal in meinem Leben ist, dass ich hier aufwache. Verkatert: nicht. Vor dem Frühstück auch schon der drittbeste Satz des Wochenendes. Jeder Tag, ein Zitat.


Das Frühstück wird ein Spiel. Im Zimmer: Klopfen vom Dach aus gegen das Fenster. “Darf ich meine Zigarette aufrauchen?”. Autsch. Auch ein Spiel.


Dinge geklärt. Danach bin ich müde. Aber gut.


In Vaihingen Sonnenschein und kein Mensch. Alles zu. “Zur Krone” auch, ich wollte noch einmal mein Glück versuchen. Ins Marktcafé gehe ich heute nicht, plötzlich macht es mich deprimiert. Sehe Menschen aus der Rathausstube kommen. Mittagstisch, steht draußen. Hinein. In der Rathausstube: Eine goldene Hochzeit. Wir dürfen uns einen Tisch aussuchen, Spezi und Tee. Damit C, fotografieren kann, bestellen wir etwas zu essen. Das Fleisch so zart, das Gemüse frisch, so gut habe ich seit Wochen nicht gegessen. (Eine Empfehlung, vollkommen ernsthaft). Die Goldene Hochzeit, mit das Traurigste, was ich je gesehen hab. Trostlosigkeit als Fest. Für mich, nicht für die Gäste und auch nicht fürs Paar. Vielleicht will ich zu viel vom Leben. Vielleicht bin ich auch nur arrogant.


Als C. fotografieren möchte, haben sie Angst, sie sei von der NSA, und das “A” in NSA sprechen sie aus wie a nicht wie äj, weshalb sie sie nicht gleich verstehen. In der E-Mail-Adresse, an die sie die Bilder schicken soll, vor dem @ ein Wohnwagen-Hersteller. Der Wohnwagen, den sie hatten, war sehr gut. “Jetzt hab ich gebaut, jetzt brauchen wir keinen Wohnwagen mehr.” Die Frau sage immer, in das Haus passe ein ganzer Wohnwagen hinein, über diese Art von Humor können sie lachen.


Zum ersten Mal im Leben und endlich einen Manfred kennen gelernt.


Ich schreibe, während C. fotografiert. Drei Seiten, sie können gut sein, aber auch schlecht. Der Kaffee ist nicht so gut wie das Essen.


Plötzlich das Bedürfnis (endlich das Bedürfnis?), Vaihingen schnellstmöglich zu verlassen. Zahlen. Fahren. Himmel rot. “Der Himmel in Vaihingen blutet zum Abschied”, sagt C. Ich öffne das Autofenster, mache ein Foto.


Es ist irgendwo zwischen Stuttgart und Ulm, dass die Sehnsucht nach Vaihingen einsetzt.


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