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  • Lena Gorelik

Island – 13. Mai 2016 – tagderlesung

Auch wenn ich mir geschworen habe, keinen Island-ist-so-schön-teuer-wundersam-Blog zu schreiben, muss ich doch erwähnen, dass wenn man in Reykjavik zu fünft Crêpes essen geht, Kaffee und Tee und Eis für die Kinder als Nachtisch, man 87 Euro bezahlt. Das, finde ich, kann man schon einmal erwähnen.


Im besagten Crêpe-Laden schreibe ich am Text. Die Isländer und die Syrer, und bei den Sätzen muss ich aufpassen, dass sie nicht abrutschen in simple, journalistische Tricks. Irgendwo steht ein Schaukelpferd. Das Schreiben ist zu einer Momentaufnahme geworden.


Die Lavasteine unter dem Moos haben scharfe Kanten, fällt man hin, reißt man sich die Haut auf, die an der Handinnenfläche, die am Arm. Dann muss man weinen oder man muss es nicht. An Parkplätze habe ich schlechte Erinnerungen.


Was ich mag: Wenn man sprechen kann, miteinander; wenn ich rennende Füße vor mir sehe; wenn da keine Fragen sind; wenn da dieses funkelnde Licht ist wie am Flughafen; wenn Worte hin und her springen; wenn ich das ehrliche Lachen höre.


Was ich nicht mag: wenn Mauern hoch gefahren werden; wenn nicht eine Minute vergehen kann, ohne dass; wenn man mich für dumm verkaufen will, wenn nichts passiert.


Abends lese ich in der Botschaftsresidenz. Da ist diese Frau, die vor sechzig Jahren nach Island zog, aus romantischen Gründen, und die Romantik, erzählt sie, bezog sich auf das Land, nicht auf einen Mann. Da ist die Japanerin, die das schöne Deutsch spricht. Da sind all die Menschen, die nicken, wenn ich von den Syrern und den Isländern vorlese, sie sagen: Aber. Ich mag das Aber. Da will ich sofort aufschreiben und mitschreiben, da ist dieses Gefühl von: auf den Grund gehen und graben. Habe ich in dieser Form seit Israel nicht mehr so gespürt.


Als ich aus der Residenz trete: Entgangene Anrufe in Abwesenheit. Die lange Straße entlang laufen, ohne Google Maps bedienen zu müssen. Sich über die Kälte in den Fingern nicht mehr ärgern. Stimmen hören. Das Leben als Entscheidung nehmen, die man selbst trifft, und dann feststellen, dass viele das nicht als Möglichkeit sehen. Ankommen.

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