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Lena Gorelik

Paris, 22.03.2016, 23.43 Uhr – Five Minutes a Day

Paris. Lesen. Reden. Essen. Rotwein trinken, zum Mittagessen schon, und sich daran freuen, in Frankreich zu sein. Lachen. Lustig machen. Nachdenken. Und reden. Abends lese ich im Maison Heinrich Heine zusammen mit Olga Grjasnowa, was eine Freude ist, ein Ballspiel, bei dem die Bälle mit einer solchen Leichtigkeit fliegen, wie sie es beim Tennis bei mir nie tun würden. Von den offensichtlichen Parallelen abgesehen, stellen wir fest, dass wir beide über schwierige Frauen schreiben, die außer uns niemand mag. Die Männer bringen wir ums Leben, ich nach vier Seiten, und sie sagt in diesem ihren eigenen Charme: Meiner hat 30 Seiten länger überlebt, das ist der einzige Unterschied. Die Männer ums Leben bringen, und die starken Frauen leiden lassen, während sie so tun, als brächten sie anderen Leid. Der Unterschied zwischen Frankreich und Deutschland: Nach der Lesung gibt es köstliche Petit Fours, und lange steht man noch herum, und ein israelischer Philosoph mit viel Charme erzählt von seinem Vater aus Teheran, und irgendwie stimmt alles, ohne sich Mühe zu geben. Morgens war Brüssel. Darüber schreibe ich, erst im Kopf, dann auf Computer, und dann, allen Vorhaben zum Trotz, nicht zu Ende. Dazwischen war eine Verzweiflung, die sich breit machte und keinen Raum für irgendetwas anderes ließ, noch nicht einmal zum Atmen. Der Rotwein beim Mittagessen brachte Erleichterung, und abends fallen einem die Augen zu, was passiert hier eigentlich, mit Europa. Und was passiert hier eigentlich, mit mir. Und was passiert. Hier. Eigentlich.

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