Island ist betörend. Es ist anders, jede fünf Minuten. Ich stehe morgens um sechs auf und dann schreibe ich, ich schreibe an etwas, wovon ich nicht weiß, was es wird, aber ich mache das mit einer großen Freude. Kennst Du dieses Gefühl? Es verwirrt mich selbst zutiefst. Ich will ganz viel schreiben und lesen, manchmal komme ich in diese Zeit, wo ich nur das möchte, und sonst nichts. Das kennst Du bestimmt auch. Manchmal bekomme ich Angst vor dem, was ich da schreibe, und manchmal, meistens weiß ich nicht, ob das irgendeinen Sinn ergibt. Und ich lasse mich vom Leben verwirren. Heute morgen um sechs leuchtete Island, das Licht der Wahrheit – das ist, wenn die Sonne helle Flecken auf dem Wasser bildet, wie ein Ruf – war noch mal anders als sonst, obwohl es auch sonst schon immer so ist, dass ich den Mund öffne, aber nicht sofort wieder schließen kann. Es ist ein anderes Leben hier, es ist wellenförmiger, und manchmal möchte man in die Ferne starren, und komisch, dass ich das so sonderbar formuliere, aber irgendwie denke, dass Du das verstehst. Manchmal ist das Glück in Island lautstark, und manchmal rührt es mich zu Tränen, aber sie sind irgendwie gut. In manchen Momenten ist Festhalten. An den Wänden des Apartments hängen Post Its, jeden Tag je einen Satz über den Tag, und ich möchte keinen davon verlieren. Manche möchte ich in den Geldbeutel stecken und für immer aufbewahren, so wie andere das mit Bildern ihrer Liebsten tun. Bilder trage ich im Kopf, und Sätze stecke ich in den Geldbeutel. Auf dem Klebestreifen sammeln sich sicher mit der Zeit diese schwarzen Punkte, Dreck.
- Lena Gorelik
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